SPD Fraktion rügt Vorgehen
Aus Sicht der SPD-Fraktion ist das Vorgehen von Bürgermeister und Fraktionen der CDU. BU und FDP im Rat am 15.11.2022 alles andere als eine Sternstunde der Demokratie und erst recht keine zukunftsweisende Entscheidung.
Sei es nun Absicht oder Zufall, Fakt ist, dass die Ergebnisse der Verhandlungen mit dem Investor und der Vorschlag der Verwaltung erst am 14.11.2022 um 17.22 Uhr per Mail im Ratsinformationssystem angekündigt wurden. Eine ordnungsgemäße Beratung in den Fraktionen war dadurch kaum noch möglich, zumal die Verwandlungsergebnisse und der neue Vorschlag eines Pachtmodells durchaus rechtlich und wirtschaftlich strittig zu beurteilen gewesen wären.
Die Gemeindeordnung sieht aber eine solche ordnungsgemäße Vorbereitung vor, daher beantragte die SPD auch mit den Grünen die Vertagung in eine Sondersitzung, was die Mehrheit aber ablehnte. Einem Wunsch zweier Fraktionen auf Vertagung wegen Beratungsbedarf wird üblicherweise stattgegeben, es sei denn, man will etwas durchdrücken, koste es, was es wolle.
Die ordnungsgemäße Vorbereitung soll nach der Gemeindeordnung die „Waffengleichheit“ zwischen hauptamtlicher Verwaltung und ehrenamtlichem Rat etwas verbessern. Aus Sicht der SPD wurde dieses Petitum mit den Füßen getreten.
Ferner sieht die Gemeindeordnung bei derartigen Investitionen eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vor. Diese wurde zwar auf dem Papier lustlos zusammengeschrieben, wurde aber niemals im zuständigen Haupt- und Finanzausschuss richtig beraten. Dabei sind Fragen bei dieser „Wirtschaftlichkeitsberechnung“ durchaus zu stellen: Warum fließen in die Kostenberechnungen pro Stellplatz mit aktuell 68.100 € weder die Grundstückskosten noch die Finanzierungskosten mit ein, was üblich und eigentlich vorgegeben ist. Auf eine entsprechende Nachfrage im Rat am 15.11.22 wurde auch erst gar nicht geantwortet. Auch alle Fragen zur Wirtschaftlichkeit und wann und wie sich die städtische Investition jemals amortisieren würde, umschiffte die Verwaltung. Rechnet man selber, kommt man auf Werte wie 300 Jahre plus X, d.h. nie und nimmer.
Daher prüft die SPD die Einschaltung der Kommunalaufsicht.
Das Hohelied der erfolgreichen Verhandlungen, das die CDU und ihr Bürgermeister jetzt singen, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Wunschvorstellung:
- Die Firma Tecklenburg zahlt rd. 10.000 € Stellplatzablösung an die Stadt pro Stellplatz nach der bestehenden Satzung (in Summe 1,5 Mio. € für rd. 130 Stellplatz).
- Die Stadt baut eine eigene Tiefgarage direkt daneben, in der aktuell jeder Stellplatz 68.100 € kostet. Durch die Verhandlungen gibt es einen Nachschlag des Investors, der den Stückpreis minimal auf rd. 63.000 € reduziert, immer noch sechsmal mehr als die Ablöse!
- Die Stadt „darf“ die Tiefgarage des Investors gegen Entgelt pachten und betreiben und die Parkgebühren behalten. Dadurch entsteht „eine“ größere Tiefgarage, die attraktiver ist. Das Risiko liegt bei der Stadt. Auch durch diesen bescheidenen Überschuss, der man sich schönrechnen kann wie man will, amortisiert sich die städtische Großinvestition in die Tiefgarage nie und nimmer.
Wer hier Gewinner ist und wer hier draufzahlt, liegt wohl auf der Hand! Es wäre zumindest zu prüfen gewesen, ob es sich hier um eine zulässige Beihilfe eines privaten Investors handelt oder eben nicht. Das EU-Recht ist hier durchaus kritisch. Die politische Bewertung noch viel kritischer.
In Summe war es ein schlechter Tag für Ratingen:
- Die neue Tiefgarage ist ein Millionengrab und rentiert sich selbst mit Rechentricks nie und nimmer – auch nicht bei einer Erhöhung der Parkgebühren
- Ratingen wäre gut beraten, seine endlichen Haushaltsmittel sinnvoll für Zukunftsthemen zu investieren wie Wohnen oder Klimafolgenanpassung statt sie für Konzepte aus dem letzten Jahrhundert zu vergeuden.
- Auch wenn die Tiefgarage mit Infrastruktur für E-Mobilität garniert werden soll, bleibt sie doch in Zeiten von Verkehrs- und Energiewende ökologischer Unsinn.
- Ratingen hat eigentlich genug Stellplätze – allemal an dieser Stelle!
- Die Belebung der Innenstadt durch immer mehr Stellplätze ist ein Märchen
- Die einzige grüne Oase in der Innenstadt wird gefährdet